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Wenn es eine Pflanze gibt, mit der sich die Mexikaner identifizieren, so ist dies der Feigenkaktus mit der lateinischen Bezeichnung Opuntia. Der Feigenkaktus oder „el nopal“, wie ihn die Mexikaner nennen, ist in Mexiko überall präsent in der Landschaft, auf den Märkten, in der Küche, als Viehfutter, ja sogar im mexikanischen Staatswappen, das einen Adler mit Schlange im Schnabel auf den Früchten des Feigenkaktus zeigt.
Wassersparende Photosynthese: Pflanzen mit Anpassungen an Trockenheit nennt man Xerophyten. Viele reduzieren ihre Oberfläche, werfen Beispielweise Blätter ab und verdunsten dadurch weniger. Die bedornten, fleischigen Scheiben der Opuntien sind keine Blätter sondern wasserspeichernde (= sukkulente) Sprosse. Sie betreiben aber Photosynthese und übernehmen damit die Funktion von Blättern und gleichzeitig die der Äste und des Stamms.
Die Dornen hingegen sind die umgewandelten Blätter der Kakteen und betreiben keine Photosynthese. Die Sprosse von Kakteen nutzen Wasser wesentlich effektiver als Blätter. Obendrein haben Kakteen eine spezielle Methode entwickelt um bei Tageshitze keine Luft zu benötigen, quasi den Atem anzuhalten bis es wieder kühler oder sogar nebelig wird. Sie betreiben ihren Gasaustausch nur nachts.
Eine weitere Besonderheit der Opuntien ist, dass jeder Spross und auch junge Früchte Wurzeln bilden und anwachsen können und das auch ohne Regen. Ist die Dürre dann erst einmal vorbei, sind die Wurzeln schon bereit und können sofort den vielleicht nur spärlichen Regen aufnehmen. Der Spross saugt sich voll, wird wieder prall und kann neue Sprosse bilden.
Der echte Feigenkaktus verzweigt sich stark, wächst baumartig einige Meter hoch und verbreitet sich rasch. Als Hecke und natürlicher Weidezaun, dessen saftige Sprosse und ebenso saftige, süße Früchte – obendrein dem Vieh gut schmecken, wurde er überall am Mittelmeer und in Trockengebieten angepflanzt und ist heute weltweit verbreitet.
Die ovale Frucht ist zirka 7 bis 10 cm lang und hat je nach Reifegrad eine grünliche, gelbliche oder rötliche bis braune Färbung. Auf der ledrigen Außenhaut sitzen Glochiden, die büschelartig angeordnet sind. Verzehrt wird das Innere der Frucht mit den ebenfalls essbaren Kernen. Das, je nach Sorte, gelb orange bis rote Fruchtfleisch hat einen süß-säuerlichen Geschmack.
Junge, grüne Sprosse des Feigenkaktus werden in Mexiko als Nopales in verschiedenen Zubereitungen, meist in Streifen geschnitten und eingelegt als Salat oder Gemüse gegessen. Aufgetischt erinnern Nopales im Aussehen ein bisschen an grüne Bohnen. Ihr Mundgefühl ist angenehm, ihr Geschmack ist mild, denn der Feigenkaktus enthält weder Bitterstoffe noch Giftstoffe und auch keine anderen unangenehm schmeckenden oder gesundheitsschädlichen Substanzen.
Das ist bemerkenswert, weil die meisten anderen Wüstenpflanzen ungenießbar sind. Der einzige Schutz des Feigenkaktus vor dem Gefressen werden sind seine Dornen – typisch für die Gattung Opuntia – mit unsichtbaren aber besonders gemeinen Widerhaken.
Neben den sichtbaren längeren Dornen sind Opuntien auch mit feinen Dornen in harmlos aussehenden kleinen Büscheln bewehrt, die man nicht vergisst. Kaktusfeigen sind die saftig, süßen Beerenfrüchte des Feigenkaktus, deren weiches Fruchtfleisch leuchtend gelb, orange oder rot gefärbt ist und essbare Samen einschließt. Der Wohlgeschmack, das Aussehen und das Mundgefühl erinnern an Essfeigen.
Erstaunlicher Weise sind aber Kaktusfeigen noch saftiger als ihre Namensvetter und sie sind die besseren Durstlöscher. Kaktusfeigen sind auch außerhalb ihrer mittelamerikanischen Heimat beliebt und man verspeist sie überall rund um das Mittelmeer als erfrischendes Obst. Sie werden saisonal auf Märkten verkauft und gelangen im Herbst sogar bis in unsere Geschäfte.
Aber Achtung, die mit Widerhaken versehenen feinen Dornen trägt der Feigenkaktus auch an den reifen, grün-gelben bis violetten Früchten. Zugreifen und Reinbeißen ist bei Kaktusfeigen also keine gute Idee. Man sollte sie gekonnt öffnen und jedenfalls ohne Schale verzehren.
Bei den Berbern Marokkos am Rand der Sahara werden Kaktusfeigen als Marmelade eingekocht und dienen so als wichtiger Vorrat. Neu und elegant ist die Möglichkeit, Kaktusfeigen fertig zubereitet als Fruchtsaft zu genießen.
Vor allem in Mexiko verarbeiten Familien oder kleinere Betriebe die Früchte (tuna) zu Sirup, Gelees und Marmeladen (melcocha), Trockenfrüchte (pasadas), Honig (miel de tuna), Fruchtpasteten oder Käse (queso de tuna), Wein, Branntwein, Alkohol. Durch Gärung wird aus den Früchten schon seit aztekischer Zeit ein alkoholisches Getränk hergestellt, der Colonche. Gern geben die mexikanischen Indianer auch dem Pulque, einem berauschenden Getränk aus dem Saft der Agave, zur Geschmacksverbesserung Kaktus-Fruchtsaft bei.
Das erfrischende Fruchtfleisch trägt auch zur Entschlackung und guten Verdauung bei. 100 Gramm der Kaktusfeige enthalten 38 Kalorien (kcal), 85 Gramm Wasser, 5 Gramm Ballaststoffe, 0,8 Gramm Proteine sowie 0,7 Gramm Fett und 7,1 Gramm Kohlenhydrate. Weiter sind in ihr 90 mg Kalium, 24 mg Calcium, 28 mg Phosphor und Vitamine enthalten.
Radikalfänger gegen degenerative Erkrankungen. Die Inhaltsstoffe der Kaktusfeige sind darüber hinaus bemerkenswert. Die kräftige Färbung des Fruchtfleisches wird durch einen hohen Gehalt an natürlichen Farbstoffen hervorgerufen.
Diese sind antioxidativ wirksam und als sogenannte Radikalfänger zum Schutz von Zellen und Organen wie etwa der Haut, der Nieren oder der Blutgefäße bedeutsam. Die Farbstoffe der Kaktusfeige sind Betalaine und zwar die gelben bis orangefarbenen Betaxanthine und die roten bis violetten Betacyane sowie Betanin. Das antioxidative Potenzial der Betalaine aus der Kaktusfeige hinsichtlich Prävention von degenerativen Prozessen und Erkrankungen wird seit einigen Jahren eingehend wissenschaftlich untersucht.
Kaktusfeigen sind uneingeschränkt zur Leistungssteigerung und zur Verbesserung des Allgemeinzustandes geeignet. Sie sind ein schnell verfügbarer Energiespender insbesondere für Sportler sowie bei geistiger und körperlicher Belastung. Der Kaktusfeigen saft ist hilfreich und gut verträglich in der Rekonvaleszens.
Dazu tragen die Zucker Glukose und Fructose, die reichlich enthaltenen Mineralstoffe Kalium, Kalzium und Magnesium, der hohe Vitamin C-Gehalt sowie das komplette Spektrum der essenziellen Aminosäuren (AS) bei.
Neben den essenziellen AS ist die bedingt essenzielle AS Prolin besonders reichlich enthalten. Prolin ist für die Bildung von Kollagen also für Bindegewebe und Knorpel wichtig. Opuntia ficus indica enthält noch weitere freie Aminosäuren, so dass ihr Saft als Energy Drink für Sportler geeignet ist.
Da aus den Warzen der Frucht feine kleine Stacheln mit tückischen Widerhaken hervorragen, die sich in der Haut festsetzen und Entzündungen hervorrufen können, empfiehlt es sich zur Vorbereitung Handschuhe zu tragen.
Die Blüten spielen in der Ernährung eine eher untergeordnete Rolle, da die Früchteproduktion ökonomisch interessanter ist. In Baja California, wo Opuntien und andere Kakteen die Landschaft prägen, werden Blüten noch heute von der einheimischen Bevölkerung gern verzehrt. Den Nährwert schätzen einige Indianerstämmen zur Stärkung der Abwehr und der Manneskraft. Die mystische Bedeutung der Blüten, die nur 1 bis 2 Tage blühen, stammt wohl noch aus der Azteken zeit.
Auf den kanarischen Inseln wird aus den Blüten ein Schnaps gebrannt. In Israel sind Tees aus den Blüten der Opuntia ficus indica ähnlich begehrt wie bei uns der Kamillenblüten Tee. Isst man eine grössere Menge der dunkelroten Kaktusfeigen, kann sich auch der Urin ebenso verfärben, was allerdings nicht gesundheitsschädlich ist.
Der Feigenkaktus war lange vor der spanischen Eroberung bereits eine Kulturpflanze der Azteken im heutigen Mexiko und wurde im 16.Jahrhundert durch spanische Seefahrer in den Mittelmeerraum gebracht.
Heute gedeiht sie in allen tropischen und subtropischen Klimaten als Unkraut, wird aber auch als wichtige Nutzpflanze kultiviert.
Der Feigenkaktus gedeiht, wie die meisten Kakteen, unter extremer Sonneneinstrahlung, bei teilweise jahrelang anhaltender Dürre und auf nährstoffarmen Böden. Er widersteht Sandstürmen und hält mit seinem ausgedehnten Wurzelsystem den Boden fest.
Als Windschutz hecke wirkt er so auch der Bodenerosion entgegen, durch die vielerorts immer mehr einstmals fruchtbare Standorte degradieren und verloren gehen.
Der Feigenkaktus schützt die sensiblen Wüstenrandzonen und macht sie direkt und indirekt nutzbar für die Landwirtschaft. Die aztekische Bezeichnung für den Feigenkaktus war Nopalli. So entstand die spanische Bezeichnung Nopal, die – kombiniert mit dem lateinischen Wort für „stechen“ = pungere – zum lateinischen Gattungsnamen Opuntia wurde.
Opuntien, von denen es knapp 50 mehr oder weniger dornige Arten gibt, nennt man bei uns – sehr anschaulich – Scheibenkakteen. Jede Opuntie ist aus wenigen bis sehr vielen runden bis ovalen, stets fleischigen und grünen Scheiben (wissenschaftlich: Kladodien) aufgebaut. Opuntia ficus indica ist die Art mit den schmackhaftesten und appetitlichsten Früchten, den westindischen Feigen, die in mancher Hinsicht an unsere mediterranen Feigen erinnern.
Außen stachelig, innen zart und süß. Wer sich schon einmal vielleicht im Urlaub in einem der Mittelmeerländern- an den verlockenden Früchten der dort überall wildwachsenden Scheibenkakteen vergriffen hat, wird wegen dieser sehr schmerzhaften Erfahrung möglicherweise das Interesse an ihnen verloren haben. Das wäre schade, denn das unter der stacheligen Haut befindliche Fruchtfleisch ist zart, süß und saftig.